fredag, august 22, 2014

Banja

Einmal mehr konnten wir heute Russland von seiner russischen Seite kennen lernen. Zunächst ging es zum Pilze sammeln in die Taiga und zwar zu Patricks großer Freude mit dem abgefahrenen grauen Bus, der weiter oben schon auf einem Bild zu sehen ist. Der steht gerade hier auf dem Hof, weil er sich überschlagen hat und Viktors Cousin Genadi, der eine Autowerkstatt besitzt, ihn günstig erwarb und nun wieder in Schuss bringt. Fahren tut er schon mal wieder - und wie! Das Teil sieht aus als wäre es 40 Jahre alt, tatsächlich ist er aber Baujahr 2006. Natürlich extrem geländegänig und robust, jeglicher Komfort-Schnickschnack fehlt. Sogar die Innenverkleidung. Russisch eben.








Die Landschaft hier ist flach, aber dann doch sehr uneben, durchzogen von kleinen Birkenwäldern mit vielen Lichtungen, bewachsen mit hohen Gräsern und übersät mit zahllosen Tümpeln und Seen. Natürlich wimmelt es hier von Schnarken, die sich von unserer chemischen Keule leider nur bedingt beeindrucken lassen, und so stapfen wir mit langer Hose und Arbeitshemd bei über 30°C mit unserem Körbchen und dem Messerchen durch die Taiga auf der Suche nach Pilzen. Ich denke an einen Bericht, den Patrick mir gestern vorgelesen hat, über einen Atomunfall 1957 in einem AKW nur 100km entfernt von hier, dessen Ausmaße mit Tschernobyl vergleichbar waren. Dann denke ich an den Hype, der bei uns in Deutschland um Pilz und Wildschwein (=Pilzfresser) gemacht wird. In Franken müssen dank Tschernobyl heute noch die geschossenen Wildschweine einer Becquerel-Messung unterzogen werden. Zu guter Letzt denke ich dann aber an den 94-jährigen Opa unserer Gastfamilie, der zu Hause auf seinem Bänkchen in der Hofeinfahrt sitzt. Der hat bestimmt auch von den Pilzen gegessen, also kein Grund zur Sorge.







Banja!

Anschließend geht's in die russische Sauna (genannt: Banja). Peter, Nachbar und Freund unserer Gastfamilie, hat uns zu sich zum Saunieren eingeladen, von 'Peitschenhieben' mit Birkenzweigen wurde uns im Vorfeld berichtet - doch wir hatten keine Ahnung, was uns erwartet. 

Peter ist 63 Jahre alt, kräftig gebaut (der dicke Bauch bei den Männern gehört wohl so und ist vielleicht Zeichen ihrer Gesundheit) und zunächst mürrisch drein blickend. Er ist nicht nur Unternehmer und wohl auch Ex-Soldat, sondern entpuppt sich als Saunameister, Masseur und autodidaktischer Heilpraktiker, der irgendwann dann doch auch lachen kann. Jedenfalls beginnt der Saunagang nicht etwa mit einem Saunagang, sondern damit, dass wir unseren kompletten Körper mit Honig einschmieren, gefolgt von einer Massage und dem Einrenken sämtlicher Wirbel. 
In der mit einem Holzofen erwartungsgemäß richtig hochgeheizten Sauna wird dann mit Hilfe von frischen Birkenzweig-Bündeln, die in heißes Wasser getaucht und ausgeschleudert wurden, ein Aufguss mit natürlichem Birkenaroma gemacht. Und natürlich wird der ganze Körper anschließend damit bearbeitet, wobei auspeitschen wirklich nicht der passende Begriff ist - es tut nicht weh, sondern ist einfach nur irrsinnig warm. 
Nach den Saunagängen warten Tee und Bienenwaben auf uns - sei wohl sehr gesund. Außerdem wird leicht vergorenen Birkensaft gereicht, der gut für die Nieren sein soll und mit einem dicken Löffel Honig im Mund gar nicht schlecht schmeckt. Bei der darauffolgenden Massage wird der ganze Körper mit Kaffeesatz und Ziegenmilch eingerieben und dann mit einem Stock kräftig in die Mangel genommen. Angekommen in Russland, dachte ich da...

1 kommentar:

Anonym sa...

Klingt wunderbar! Lassts Euch gut gehn! Petra