mandag, juni 16, 2014

Exkurs: EU seen from outer space

Seit wir in UK&Irland unterwegs sind, spüren wir die weit verbreitete Ablehnung gegenüber der EU. Bedingt durch die EU-Parlaments-Wahl kam das Thema wahrscheinlich noch öfter als üblich auf und war ständiger Begleiter bei Gesprächen mit Engländern oder Iren, oft beginnend mit dem Satz „so what are you thinking about the European Union then?“. (Vermeintlich) zu viel Regulierung und Gleichmacherei aus Brüssel und der Wunsch nach mehr Eigenständigkeit (Bayern würden sagen „mir san mir!“) ist es, was das Bild prägt, das viele unserer Gesprächspartner bezüglich der EU haben. Wir hielten zwar nicht mit unserer, der EU deutlich positiveren Grundhaltung, hinterm Berg, aber z.B. unser Wunsch nach mehr Abstimmung der Saaten in der Steuerpolitik, um Steuersparmodelle a lá Amazon, Starbugs & Co. zu bekämpfen verfing offensichtlich nicht. Auch bei der Umweltpolitik täte ja mehr Zusammenarbeit dringend Not, um ein gegenseitiges aufeinander Zeigen und Unterbieten in den Umweltstandards zu unterbinden. Statt dessen hat sich aber z.B. ein Campingplatzbesitzer beklagt, dass die EU es verbietet im Nationalpark Torf zu stechen...?! Wir wissen noch nicht einmal, ob wirklich die EU das verbieten musste, denn was soll das denn für ein Nationalpark sein, in dem sogar die Moore platt gemacht werden dürfen?
Anders scheint es in Schottland zu sein: Hier ist die Zustimmung zur EU wohl ausgesprochen hoch und gerade das ist ein Argument für die Befürworter der Unabhängigkeit Schottlands: „Wir müssen uns von England abspalten, damit wir in der EU bleiben können“, wird argumentiert und angesichts der aktuellen Diskussionen nach der EU-Wahl ist das ja noch nicht mal sooo abwegig. Um ehrlich zu sein ist unser Unverständnis gegenüber dem Wunsch zur Unabhängigkeit Schottlands nach ein paar Diskussionen mit Befürwortern etwas verblasst und wir können auch deren Argumenten etwas abgewinnen. Die Unabhängigkeit Schottlands ist ständiges Thema, weil hier am 18. September in einem Referendum darüber entschieden wird – nach Meinung vieler die wichtigste Wahl für und seit Jahrzehnten. Stimmt die Mehrheit dafür, würde Schottland tatsächlich ein vollständig autonomer Staat, der Mitglied von EU und UN werden würde, also nicht bloß ein Bundesstaat mit mehr Eigenständigkeit, wie wir zunächst dachten.
Naheliegend ist der Gedanke, dass der Wunsch, die schottischen Traditionen zu wahren, treibender Faktor bei den Befürwortern für die Unabhängigkeit ist, aber das ist es nicht alleine. Schottland wählt wohl seit langer Zeit „links“, während mit Ausnahme von Tony Blair ständig die Tories regieren. Da nur 5 Mio. Schotten ca. 50 Mio. Engländern gegenüber stehen, haben daher viele Schotten den Eindruck, dass sie von denen aus London (alleine im Großraum London leben ca. 20 Mio. Menschen) mit ihren radikal-kapitalistischen Sichtweisen regelmäßig überstimmt werden und daher „die in London“ entscheiden, was hier in den Highlands zu passieren hat. Wir kennen das ja aus Braveheart :)
Steve, ein Freund, bei dem wir seit ein paar Tagen Unterschlupf gefunden haben, ist wahrscheinlich Grünen-Wähler und Anhänger der Unabhängigkeit. Er hat ein paar Jahre in Norwegen gelebt und argumentiert, dass Norwegen lange auch nicht unabhängig gewesen ist und auch nur 5 Mio. Einwohner hat. Und wer würde in Frage stellen, ob Norwegen die notwendige Größe hat, um einen eigenständigen Staat zu bilden?
Das Wesentliche was wir dem entgegen halten können, ist ein Gefühl, dass Völker eher zusammen arbeiten sollten, als sich in der Kleinstaaterei zu verlieren. Wenn es einem aber so ergeht, wie es die Schotten meinen, wieso dann in eine Gemeinschaft zwingen, die man nicht haben mag? Wir sind jedenfalls sehr gespannt, wie diese Wahl ausgehen wird!

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